Privates ·Tagesprosa

Tagesprosa

Morgens (zu früh) unter einem grauen Wolkenhimmel aufgewacht. Wenig später rauscht schon ein Sommerregen nieder. Gleichmässig und ruhig. Leuchtendes sattes Grün wohin der Blick fällt. Inmitten so üppiger Natur gelingt es sogar mir, an die Durchsetzungskraft des Lebens glauben. Optimismus steckt zaghaft seinen Kopf aus dem Schutt der Jahrzehnte und reckt zittrig aber doch entschlossen erste Blättchen dem Himmel entgegen.

Kater F. sitzt in der offenen Balkontür und kriegt nicht genug vom frischen Lüftchen. Die armen Pelzträger hier, hatten die letzte Woche einiges auszuhalten, und ich gönne ihnen die kurze Pause, bevor die Temperaturen wohl wieder steigen werden.

Der Zimmerfarn, den ich schon gestern (in der Hoffnung auf etwas Regen und weil wir immer noch keinen brauchbaren Wasserzerstäuber gefunden haben), nach draußen gestellt habe, winkt mir tropfnass dankbar aus dem Regen zu. Draußen wirkt alles gedämpft und beruhigt, die nervöse Hitze ist gewichen.

Ich schaue eine Weile den schnellen Wechseln von blauem Himmel mit Sonnenschein bis zu aschgrauem Himmel mit jagenden drohendgrauen Regenwolken zu. Traurig, dass der Juli uns heute schon sein Adieu zuruft. Ein Juli sollte immer 62 Tage haben, mindestens.

In unserem nahegelegenen Dornröschen-Städtchen haben die Stadtoberen schon vor einiger Zeit entschieden, es muss etwas geschehen. Geht ja nicht, so mehr oder weniger vor sich hin zu schlafen. Die heutige Logik: wo »Action« ist, ist etwas los. Und »Action« setzen die Stadtoberen natürlich inzwischen gleich mit dem was mit »Kon« beginnt und auf »sum« endet. Also wurde beschlossen, aus dem Dornröschen soll eine »Einkaufsstadt« werden. Jetzt rütteln also die Baubagger und Kräne schon eine Weile am Dornröschen und versuchen es recht rüde wachzuküssen. Ein neues »Einkaufszentrum« soll her und die Discounter und Drogerieketten stehen schon parat, nun aber endlich (das wahre) Leben in das kleine Städtchen zu bringen. Derweil schließen im Zentrum (man stelle sich bitte nichts großartiges vor) die kleinen Lädchen eins nach dem anderen. Bei jedem neuen Besuch dort mehr blinde Schaufenster, hinter denen noch die letzte Deko vor sich hin bleicht und staubt. Mir scheint, das Dornröschen denkt gar nicht wirklich daran aufzuwachen. Es wartet ab, bis die rüden Freier endlich von ihr ablassen, wird dann vielleicht mal kurz die Augen öffnen und neugierig auf das neue Einkaufszentrum schauen und sich dann recht bald auf die andere Seite drehen und weiterschlafen.

Den Nachmittag haben wir kollektiv im Garten genutzt. Bevor die Temperaturen wie angekündigt wieder deutlich anziehen, schnell noch ein bisschen ernten und richten. Die Ernte-Ausbeute war fein: Erbsen, Bohnen und Zwiebeln. Nur den Endiviensalat haben sich die Schnecken schmecken lassen. Stille Freude an den Stockrosen und an den nickenden Sonnenblumen gehabt.

Abends dann schließlich noch die Radfahrer auf dem Nordseeküstenradweg begleitet und in Erinnerungen geschwelgt. Wie gerne würde ich mit B. zusammen nochmal nach Großbritannien und ihr zeigen, wovon ich ihr bisher nur erzählen konnte. Einfach losfahren können müsste man, mit ausreichend Zeit zu bleiben, wo es gefällt, und weiterzufahren, wenn man genug hat, und das nächste Ziel lockt. Ach überhaupt, reisen …

4 Gedanken zu „Tagesprosa

  1. Deine Alltagsprosa gefällt mir ausnehmend gut. Das ist sicher auch für einen selber später interessant nachzulesen. Ich glaube, ich werde das auch mal machen, aber vielleicht nicht online.

    Das Dornröschen, das arme. Wie seltsam, dass niemand in der Lage oder bereit ist, aus den bereits vorhandenen Erkenntnissen zu lernen. Auf unseren Ausflügen sehen wir oft schöne kleine Orte mit viel Leerstand. Mit ein Grund sind - wie du schreibst - die Einkaufscenter auf der grünen Wiese. Ich denke, auch die Online-Shops spielen eine Rolle und wahrscheinlich auch das Bestreben junger Leute, wegzuziehen in die große Stadt. Da gibt es Events :-(

    Liebe Grüße,
    ‘Franka’

  2. @ Franka - tja, ich hab mich auch schon gefragt, was alles passieren muss, bis die Menschen mal wirklich etwas lernen - nicht nur in Bezug auf Einkaufscenter und Stadtplanung

    @ KaSiLeLo - bald ja bald, wirst Du reisen und bestimmt (hoffentlich!) Dich auch etwas erholen können! Wir freuen uns schon auf Euch!

    @ Sonja - da ist was Wahres dran. Andererseits, ich war ja schon da und weiß daher schon, was ich zu erwarten habe und sogar, dass es an manchen anzusteuernden Orten wirklich schön ist.

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