Heute Zeit gehabt, wieder etwas in Michael Maars »Heute bedeckt und kühl - Große Tagebücher von Samuel Pepys bis Virginia Woolf« zu lesen. Was ich schon wusste, was aber wieder bestätigt wird, große Literaten sind schon sehr eigene und nicht selten auch unangenehme Charaktere. Was da in den Tagebüchern über andere gelästert, geschimpft und hergezogen wird. Unfaßbar! Teilweise nachdem man sich gerade getroffen und vorgeblich freundlich ins Gesicht gelächelt und Stunden miteinander verbracht hatte, wie gute alte Freunde. Maar nennt fast alle Großen der deutschen Literatur und man bekommt den Eindruck, da gönnt einer dem anderen nicht die Butter auf dem Brot. Eitelkeiten, Empfindlichkeiten, Animositäten bis hin zu regelrechtem Abscheu und Hass. Und dazwischen Verleger und ähnliche Leute, die versuchen die schlimmsten Wogen zu glätten, auszugleichen, zu versöhnen und alle bei Laune zu halten.
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Arno Schmidts Frau hätte man im Leben auch nicht sein wollen! Sich und sein ganzes Leben auf dem Altar des großen Literaten zum Opfer bringen. Aber da ist sie im Laufe der Jahrhunderte nicht die einzige gewesen. Diesen Typ Frau gab und gibt es. Diesen Typ Mann, der so etwas erwartet / fordert, mit Freuden hinnimmt und zulässt natürlich auch.
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Menschlich unanständiges Verhalten kann ich jedenfalls auch bei großen Literaten nur bedingt »tolerieren«. Das Wissen darum entwertet für mich zumindest teilweise auch deren »Werk«. Irgendwie kann ich mir nicht so recht vorstellen, dass ein Charakter, der zum Beispiel vor Eifersucht lodert, vor Neid geifert oder pedantisch und kleingeistig alle um sich herum unterdrückt, das aus seinem literarischen Werk wirklich heraushalten kann. Es muss sich irgendwo auch in seinem oder ihrem Schreiben niederschlagen. Jemand, der Menschen hasst, kann nicht wirklich liebevoll über sie schreiben. Irgendwo wird der Hass auftauchen und durchscheinen, und seien noch so viele Worte kunstvoll drumherum gedrechselt.
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Beim Lesen wanderten meine Gedanken dann auch zu manchen heute umjubelten Literatur-Stars (wobei das Kaliber insgesamt fürchte ich doch eher kleiner ist). Über deren persönliches Leben weiß man ja als normaler Leser kaum etwas (Tagebücher oder Biographien liegen meist noch nicht vor). Sind die jungen Literaten von anderen Art? Oder geht es da hinter den Kulissen ähnlich zu, wie bei den alten Literaten? Der Konkurrenzkampf dürfte sich ja eher noch verschärft haben. Dann sehr erleichtert gewesen, als mir einfiel, dass die wenigen Literaten, die ich zumindest ein bisschen kenne, eigentlich sehr freundliche, nette und hilfsbereite Charaktere sind. Ich hoffe, sie sind nicht nur grandiose Schauspieler, die zu verbergen wissen, was sie tatsächlich im Herzen tragen (was die alten Literaten teilweise sehr gut konnten).
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Peter Rühmkorf argwöhnte in seinem eigenen Tagebuch: »Wer Tagebuch führt, beginnt sich aufzugeben.«
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Die Wildgans hat sich überlegt, welche Lieder ihr zu den Blogs in ihrer Blogroll einfallen. Für Charming Quark ist ihr dieses hier eingefallen:
Elisa Gabbai · Winter in Canada (1966) - MyVideo
Passt schon, und hat mir beim Anhören ein Lächeln auf’s Gesicht gezaubert.
Ist ein sehr schönes Lied! Ich mag ja Schnulzen.
Hach!
Hach!
Ach!
Meine sehr kranke Freundin hatte einen ach so bedeutenden Mann, ihm immer den Rücken freigehalten für all das »Große«, was er in der Welt vollbrachte - sie hat seinen brutalen Cut nie verkraftet, fühlt sich wie …man kann es sich vorstellen.
Es gibt so viel Elend unter den Frauen auch nur irgendwie berühmter Kerle- aber man weiß ja, dass IMMER zwei dazugehören!
Gruß von einer, die dergleichen freiheitsliebend gerade noch entronnen ist (er wollte mir den Schädel zertrümmern, um EIN Haar…)
@ Sonja - genau, es gehören zwei dazu. Und man kann sich schneller als einem schwant in so einem Geflecht verfangen und wiederfinden, ganz unabhängig natürlich auch davon, ob nun einer der Partner zufällig als »bedeutend« oder »berühmt« gilt. Nicht jeder hat die Stärke sich aus so einem Netz wieder zu befreien und ohne Verletzungen und Schäden geht es nie ab.