Ich jongliere. Also nicht wirklich, nicht mit echten Bällen. Ich jongliere mit Plänen und mit Träumen. Ich jongliere mit viel zu vielen Bällen gleichzeitig. Langsam wird mir immer klarer, das ich viel zu viel will! Das bringt mich unter Stress.
Das Problem ist, ich kann mich nicht dazu durchringen, einfach mit weniger Bällen zu jonglieren, ich kann mich nicht entscheiden, was ich lassen, welche Pläne und Vorhaben ich aufgeben sollte, um mich ganz und gar auf die Dinge zu konzentrieren, die mir wirklich wirklich wirklich am wichtigsten sind. Die, für die ich bereit bin alles andere (wenigstens halbwegs freudig) zurückstellen bzw. aufzugeben. Die, für die ich bereit bin Opfer zu bringen, Kämpfe durchzufechten und den Preis zu zahlen, den sie kosten, weil ich davon überzeugt bin, dass sie es für mich wirklich wert sind.
Ich muss priorisieren, auswählen, verwerfen, aufgeben und mir blutet das Herz dabei. Ich kann mich nicht entscheiden. Ich will nicht wählen müssen.
Eigentlich ist es ein Privileg, dass wir überhaupt wählen können, was wir mit unserem Leben und unserer Zeit, mit unseren Fähigkeiten und Talenten anfangen wollen. Ich bin mir dessen nur allzu bewusst, und trotzdem denke ich manchmal, ich wäre froh, ich müsste nicht wählen. Überfluß an Möglichkeiten kann auch zur Überforderung, zum Fluch werden. »Weniger ist mehr« sagt sich so leicht, es zu verinnerlichen und anzuwenden, ist eine ganz andere Sache. Vor allem, wenn ich eigentlich so vieles wirklich wirklich wirklich will.
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Wie kommt es eigentlich zu Freundschaften? Nach welchen Kriterien wählen wir unsere Freunde aus? Suchen wir nach Menschen, die wir bewundern können? Suchen wir nach Menschen, die uns möglichst ähnlich sind? Oder nach Menschen, die sehr verschieden von uns sind? Warum?
Wählen wir Menschen zu unseren Freunden, die in erster Linie Bedürfnisse erfüllen, die wir selber haben? Oder wählen wir Menschen, um deren Fehler und Schwächen wir wissen, und die wir trotzdem schätzen und lieben können und wollen? Was für »Ausschlußkriterien« haben sich im Laufe unseres Lebens herauskristallisiert, wenn es um die Wahl unserer Freunde geht?
Suchen wir aktiv nach Freunden und bauen bewusst Freundschaften auf oder warten wir, dass Freundschaften »irgendwie« einfach entstehen, sich ergeben? Ist es eine Art diffuses Gefühl, das dazu führt, dass wir Freundschaft mit jemandem schließen? Was erwarten wir von unseren Freunden? Dürfen sie genau dasselbe auch von uns erwarten bzw. sind wir bereit, ihnen dasselbe zu geben?
Wer ist mein bester Freund, meine beste Freundin? Warum? Sieht mich jemand als seinen besten Freund, seine beste Freundin an? Warum? Wie geht es mir damit? Wie geht es ihm oder ihr damit?
Unterwerfen wir unsere Freundschaften (ab und an) einer Art »Qualitätstest« á la »Was bringt mir die Freundschaft? Bringt mich die Freundschaft mit jemandem weiter voran oder lähmt sie mich eher?« Ist es verwerflich, eine Freundschaft in gewissen Abständen auf den Prüfstand zu stellen?
Einmal Freunde, immer Freunde? Sind Freundschaften wirklich haltbarer als Partnerschaften? Müssen / sollten sie das sein? Sehen wir Freundschaften als etwas für die Ewigkeit an (»Der Partner geht, aber die Freunde bleiben!«) oder betrachten wir unsere Freundschaften eher als Beziehungen auf Zeit?
Glauben wir, Freundschaften haben nur Bestand, wenn beide gleich viel geben und nehmen oder kann eine Freundschaft auch Bestand haben und gut sein, wenn einer mehr gibt als der andere?
Wenn wir unsere Freundschaften ansehen, sind wir eher Gebende oder eher Nehmende? Sind wir eher diejenigen, die etwas vom anderen erwarten oder eher diejenigen, die bereit sind zu geben, ohne daran geknüpfte Erwartungen? Rechnen wir innerlich heimlich auf, oder schenken wir freigiebig, ohne heimliche innere Buchhaltung?
Was bringt uns dazu, eine Freundschaft aufzukündigen bzw. aufzugeben? Schaffen wir es, eine Freundschaft, die uns wirklich nicht gut tut oder in der wir dem anderen nicht gut tun, zu beenden? Wenn nicht, warum nicht?
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Für 3.30 Minuten hab ich mich heute mit dem herrlichen Tilt Shift-Video »The Little Nordics« von Martijn Doolaard nach Norwegen und Island weggeträumt.