Ich bin ja eher der organisierte oder strukturierte Typ. Das hat durchaus seine Vorteile und Vorzüge und erleichtert in vielen Bereich des Lebens so einiges. Es hat aber, wie alles im Leben, auch seine Nachteile und Schattenseiten. Deshalb versuche ich gerade, mich etwas von meinen Strukturen und Plänen zu lösen. Und siehe da, die Welt geht erstaunlicherweise nicht sofort unter, wenn man die To-Do-Liste mal To-Do-Liste sein lässt und einfach etwas komplett anderes tut.
Ich möchte dem Spontanen, der Improvisation etwas mehr Raum geben. Es hat etwas abenteuerlich, zumindest für mich. Ich empfinde es so, als ob diese kleinen Ausbrüche aus dem Organisierten und Strukturierten einen gewissen Sog auf mich haben. Als ob sich da unverhofft Kontinente auftuen, die geheimnisvoll locken und mir zurufen, komm und wag es.
Ich werde sicher immer ein eher organisierter und strukturierter Typ bleiben, aber mir gefällt der Gedanken, die andere Seite, die der Spontanität und Improvisation, etwas mehr zu ihrem Recht kommen zu lassen. Vielleicht gelingt es mir eine ausgewogenere Mischung aus beidem zu leben.
Ich gehe das Ganze langsam an, versuche die Situationen in denen es möglich ist, spontan zu entscheiden oder zu agieren, bewusster wahrzunehmen und nicht gleich zu verwerfen - weil gerade Plan A, B, oder C abspult - sondern zu nutzen.
Noch fühlt sich das in vielen solcher Situationen fremd und ungewohnt an, aber bisher gefällt mir, dieses andere Gefühl, das sich auch einstellt. Diese, ja, Freiheit. Dieses »Hey, ich kann auch anders!« Ich könnte mich jetzt sogar spontan dazu hinreißen lassen, zu sagen: es ist toll!
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Mein Jaromir wird Ende Juli 14 Jahre alt. Das sind in Menschenjahre umgerechnet 73 Jahre. Also schon ein ganz stattliches Alter. In den letzten Wochen meine ich zu beobachten, dass man ihm diese Jahre jetzt langsam anmerkt. Die Bewegungen sind nicht mehr ganz so flüssig. Seine Fellpflege funktioniert nicht mehr so ganz hundertprozentig. Futtertechnisch wird er etwas mäkeliger und kann sich binnen weniger Sekunden umentscheiden. Beim Gedanken, dass er irgendwann mal nicht mehr hier bei mir sein wird, wird mir ehrlich gesagt ziemlich flau. Wir haben eine Art »Seelenverwandtschaft«. 14 Jahre sind nichts und doch eine Ewigkeit, und ich kann und will mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass da nicht nochmal mindestens 14 Jahre hinzukommen. Ich hoffe, er hat noch ein paar gute Jahre und dass ihn das Alter nicht zu sehr plagt bzw. ich ihm sein Alter so gut wie möglich gestalten kann. So versuche ich gerade herauszubekommen, wie man alte Katerherren futtertechnisch etwas verwöhnen und animieren kann. Tipps nehme ich gerne entgegen.
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Via »A Cup of Jo« wurde ich auf die Fotografin Sara Macel und ihr Fotoprojekt »Kiss & Tell« aufmerksam. Dafür hat sie Freunde und Fremde gebeten, ihr von einem Kuss, den sie jemandem gegeben haben, zu erzählen und vor allem, wo dieser Kuss stattfand. Dann ist Sara Macel an diese Orte gefahren und hat sie fotografiert. Bei einem Gespräch, das Joanna von »A Cup of Jo« mit ihr hatte, sagte Sara Macel
“It’s like the opposite of a crime scene”
Ich fand den Gedanken, mit der Kamera eine Art Gegengewicht zu all den Fotos und Bildern von Orten des Verbrechens und der Gewalt zu schaffen, sehr schön. Tolles Fotoprojekt!