Privates ·Tagesnotizen 2017

Was los war am 09. Januar 2017

Ganz am Ende eines Jahres schicke ich mein Leben zum TÜV. Ich stelle es auf den Prüfstand und schaue wie und ob es funktioniert, mit besonderem Augenmerk auf die Schwachstellen. Ich kratze an eventuell vorhandenen Roststellen herum und begutachte Schäden. Manchmal entdecke ich Teile, die dringend ausgebaut oder ausgetauscht werden müssen. Ich horche ob der Motor noch klingt wie er klingen soll, oder ob er nur noch stottert oder komische Geräusche macht und wenn das so ist, überprüfe ich, woran das liegt.

Der Januar ist dann der Monat, in dem ich mein Leben zur Reparatur bzw. Generalüberholung schicke. Da klopfe ich Rost ab, bessere kleinere Schäden aus, und vor allem drehe ich an den Stellschrauben meines Lebens herum. Selbstverständlich kann ich im Laufe eines Jahres auch in anderen Monaten an Stellschrauben drehen. Aber wenn ich im Januar ordentlich arbeite, sind meist nur noch kleinere Nachjustierungen nötig, wenn überhaupt.

Jedenfalls manches Drehen an den Stellschrauben kann sofortige große oder kleinere Auswirkungen haben, anderes entfaltet seine Wirkung erst nach und nach. Das Drehen bzw. Verstellen von Stellschrauben geht ja meistens relativ schnell. Es sei denn, sie sind total verrostet. Oder ich finde partout den passenden Schraubschlüssel nicht. Oder eine Stellschraube bricht ab, und ich richte erstmal einen größeren Schaden an, bevor dann alles wieder in Ordnung kommt.

Was ich mit all dem sagen will? Mein Leben ist gerade in der Reparatur, und ich habe hier Einzelteile herumliegen, die repariert werden müssen. Und Einzelteile, die ich irgendwo ausgebaut habe, und jetzt weiß ich nicht mehr genau wo. Ich habe es mit bockigen, verrosteten Stellschrauben zu tun, die sich nicht ohne weiteres lösen lassen wollen. Hier liegen einige ganz neue Teile, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob und wenn ja, wo ich sie einbauen sollte. Ich sehe gerade ziemlich verdreckt aus und verschramme mir die Hände und Nerven beim Reparieren. Das alles ist ziemlich nervig und gleichzeitig ziemlich aufregend.

Die ersten Wochen im Jahr sind jedenfalls immer vom Umbruch geprägt, weil z.B. Routinen abgeändert oder ganz neu aufgesetzt wurden und sich erst langsam einspielen müssen. Übrigens ebenso für die Menschen um mich herum, die sich an meine alten Routinen gewöhnt und vielleicht sogar mit ihren eigenen Routinen an ihnen ausgerichtet hatten und plötzlich feststellen, dass die nicht mehr da sind oder sich geändert haben.

Diese Generalüberholung zu Beginn jedes Jahres mache ich schon seit Jahrzehnten. Sie hat nichts mit dem modernen Selbstoptimierungswahn gemein. Es gibt Menschen, die glauben so eine Generalüberholung sei überflüssig oder ab einem bestimmten Alter nicht mehr nötig. Ich habe den Eindruck, je älter ich werde, desto wichtiger wird sie. Auch um nicht irgendwann komplett festgefahren und eingerostet zu sein. Sie ermöglicht mir flexibel und beweglich zu bleiben und nicht irgendwann nur noch in festgefahrenen Routinen steckenzubleiben. Sie zwingt mich immer wieder, Komfortzonen aufzugeben, über den Tellerrand zu schauen, mich mit Neuem anzufreunden, kurz offen zu bleiben für Veränderung.

Ich war also gestern größtenteils mit Reparieren beschäftigt, und es war anstrengend und schön zugleich. Aber auch ein bisschen beängstigend weil, nicht das am Ende eine Schraube übrigbleibt, von der ich nicht mehr weiß, wo sie ursprünglich eingebaut war und von der ich dann denke, ach, die wird schon nicht so wichtig sein, die kann weg. Und irgendwann im Laufe des Jahres fliegt mir dann mein Leben um die Ohren, weil das leider leider eine sehr wichtige Schraube war, die alles irgendwie zusammenhält.

2 Gedanken zu „Was los war am 09. Januar 2017

  1. Hut ab! Nochmals: Hut ab!

    Wenn du Justierungen vornehmen, Gewohnheiten ab- oder umstellen bzw. neue Routinen etablieren kannst, zählst du für mich zu bewunderungswürdigen Personen und Ausnahmen. Denn gerade das halte ich für das Schwierigste, was es gibt und worum ich vergebens kämpfe. Etwas anders zu machen als bisher - das bleibt mein Traum. Wenn dies eine gängige Fähigkeit wäre, würden nicht all die immer wieder gefaßten Vorsätze der Menschen klammheimlich im Orkus der Vergeblichkeit landen.

    1. Naja, ich mach das ja auch nicht mit links. Das ist schon viel Kampf und Anstrengung mit vielen Rückschlägen usw. Aber ich habe endlich begriffen, dass schon kleine Veränderungen ein Fortschritt sind, nicht erst das Endziel erreicht zu haben. Das hilft beim Durchhalten auf dem langen Weg eine Angewohnheit abzulegen oder sich anzueignen.

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