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Wie viel Wildheit steckt in Euch?

Heute sah ich dieses Poster und als nächstes fragte ich mich: Was aber tun die, die diese »Wildheit« längst verloren haben? Die, denen sie vielleicht von anderen - wohlmeinend oder gewalttätig - »ausgetrieben« wurde? Oder die ihren Wert nicht erkannten und sie selbst aufgegeben haben? Kann man wieder zurückkehren zu dieser ursprünglichen »Wildheit«, die in allen Menschen steckt? Kann man sie wieder ausgraben, wenn sie verschüttet wurde? Oder ist sie einmal verloren, für immer verloren?

Wobei vermutlich erst einmal geklärt werden muss, was der Einzelne unter dieser Wildheit versteht, was der Einzelne damit assoziiert. Ich verstehe unter dieser Wildheit, eine Art innere Freiheit und Unabhängigkeit von den Meinungen anderer, von der Zustimmung und vom Beifall anderer, eine selbstverständliche Spontanität sich in das Leben zu stürzen, Chancen zu ergreifen ohne erst lange abzuwägen und abzusichern. Und zu dieser Wildheit gehört für mich untrennbar auch Freude und Glück, die stärker sind als alles Sicherheitsstreben, alle Bedenken und Ängstlichkeiten. Sogar eine gewisse Rücksichtslosigkeit wohnt dieser Wildheit inne. Ich glaube, es gibt sogar eine »reife« Wildheit. Die fällt einem logischerweise nicht in den Schoß, die wächst je länger man diese Wildheit tatsächlich lebt.

Und die Wildheit ist bedroht, von allen Seiten und aus tausend Gründen. Denn Wildheit passt scheinbar nicht mehr so recht in unsere heutige Welt, wo alles so zivilisiert ist. Wo es als Tugend angepriesen ist, sich einzufügen, anzupassen, möglichst nicht das schön geölte Getriebe zu stören. Wir sollen berechenbar sein und bleiben. Optimierung und Selbstoptimierung sind für viele große Ideale, denen sie nacheifern. Aber es sind eben andere Menschen, Systeme, Sachzwänge etc. die letztlich bestimmen, wie wir zu optimieren sind, oder was wir für unsere angeblich »eigene« Selbstoptimierung für nötig halten.

Fängt man erstmal an, über diese Wildheit nachzudenken, merkt man schnell: das ist ein erstaunlich weites Feld. Da tauchen viele Fragen auf. Da locken plötzlich unbekannte Wege und es fallen einem Herausforderungen ein, die etwas mehr Wildheit von einem fordern würden. Wildheit hat ihren Preis und schwups ist die Frage da: bin ich überhaupt bereit, den Preis dafür zu zahlen? Ist das, was ich durch das tatsächliche Ausleben dieser Wildheit gewinnen würde, mir den Preis wert? Oder gebe ich mich - zukünftig oder evtl. einfach weiter - mit weniger zufrieden und bin froh, dass meine Wildheit längst gezähmt oder sogar für immer verschüttet ist?

Ich glaube, ich werde noch etwas länger über die Wildheit und die Fragen, die dadurch aufgeworfen werden, nachdenken. Irgendwie passt das Thema ja auch zu meinem Jahresstichwort: »Wagemut - Wage Mut!« Habe ich den Wagemut, mich der Wildheit ein wenig oder sogar mehr und mehr in die Arme zu werfen? Meine eigene Wildheit zu entdecken oder sogar wieder zu entdecken?

Und überhaupt, was meint Ihr und wie viel Wildheit steckt in Euch?

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