Der Kosmos der Niederländer
Auf meiner diesjährigen »Herz-Liste« steht u.a., was schon letztes Jahr auf der Liste (die damals noch keinen Namen hatte) stand, nämlich endlich ein Besuch im Staatlichen Museum Schwerin. Ich war zwar vor zwei Jahren schon einmal dort, habe damals aber nur Zeit gehabt, die Ausstellung »Der Bloemaert Effekt! - Farbe im Goldenen Zeitalter« zu besuchen. Ich wollte aber gerne nochmal hin, um mir endlich auch mal die Sammlungen des Museums anzuschauen.
Zur Zeit läuft wieder eine sehr interessante Ausstellung im Museum. Der Sammler Christoph Müller hat dem Museum eine großartige Schenkung gemacht, die mehr als 150 Gemälde niederländischer Meister aus dem sog. goldenen Zeitalter umfasst. Noch bis 16. Februar 2014 werden alle diese Gemälde in der Ausstellung »Der Kosmos der Niederländer. Die Schenkung Christoph Müller« der Öffentlichkeit gezeigt. Kurzentschlossen haben wir uns also gestern mit ausreichend Zeit auf den Weg nach Schwerin gemacht. Als erstes haben wir natürlich die laufende Ausstellung besucht und waren beeindruckt, was Christoph Müller da über etwa drei Jahrzehnte an Kunstwerken zusammengetragen hat.
Von meinen beiden Top-Favoriten habe ich leider kein Bild und konnte auch im Internet keines finden:
»Flusslandschaft mit Reisenden« von Roelof Jansz van Vries und »Landschaft mit Bauernhaus unter Bäumen« von Gerrit van Hees
Sehr gut gefallen haben mir auch noch die folgenden Gemälde
»Porträt eines älteren Mannes mit Handschuhen« von Nicolaes Moeyaert
Ein gemaltes Porträt wie ein Foto. Die Präsenz des Porträtierten ist unglaublich und ganz entzückt war ich vom detailreich ausgeführten Spitzenkragen
»Interieur mit älterem Ehepaar bei der Mahlzeit« von Quiringh van Brekelenkam
Das Bild hat mich sehr angerührt. Das altgewordenen aber miteinander zufriedenes und sich zugetane Ehepaar, nach einem offensichtlich arbeitsreichen Leben, in seinem eher ärmlichen Heim beim gemeinsamen Essen. Der einzige Luxus, ein blütenweißes Tischtuch.
»Nächtliche Feuerbrunst« von Egbert van der Poel
Ein Bild, dessen Komposition die Dramatik des Augenblicks perfekt einfängt und das chaotische und doch auch wieder seltsam organisierte Bemühen aller Herbeigeeilten, den Brand zu löschen, abbildet.
»Flußlandschaft im Mondschein« von Anthonie van Borssom
Gemälde mit Mondschein faszinieren mich öfter. Mit seinem Gemälde konnte mich Anthonie van Borssom überzeugen, auch wenn ich unwillkürlich an Louis Douzette und seine Mondlicht-Gemälde denken musste, an deren Meisterschaft van Borssom nicht heran kommt.
»Ein Reiter im Walde« von Guillam Du Bois, meinen letzter Favoriten aus der Ausstellung, kann ich Euch leider auch nicht im Bild zeigen.
Nachdem wir uns die Ausstellung angeschaut hatten, wanderten wir gleich einen Stock höher, um uns dort der Sammlung des Museums zu widmen. Wobei, das ist insofern falsch, als der Großteil der Museumssammlung sich leider leider im Depot befindet. Das Museum leidet wirklich unter Platzmangel und das ist jammerjammerschade, bedenkt man, was für Schätze da in den Depots ihr Dasein fristen.
»Eislandschaft« von Hendrick Avercamp
Ich war froh, dass ich das berühmte Gemälde tatsächlich sehen konnte, denn ich mag die Winter-Sujets der niederländischen Maler sehr.
Ich hatte mich besonders darauf gefreut, wenigstens einen Teil der Gemälde einheimischer, also mecklenburgisch-vorpommerischer, Maler zu sehen, die zahlreich in der Sammlung des Museums vertreten sind und besonders auf die Gemälde von Carl Malchin. 262 seiner Gemälde, 391 Handzeichnungen und vier Skizzenbücher befinden sich in der Sammlung des Museums.
Leider wurde das die Enttäuschung des Tages, denn das Museum zeigt nur sehr sehr wenige dieser Bilder. Aktuell sind von Carl Malchin nur zwei Gemälde »Mecklenburgische Dorfstraße« und »Torfbrücke« zu sehen. Beide natürlich wieder grandios.
Von den einheimischen Malern hat mich dann noch das Bild »Dorf Mühlen-Eichsen bei Grevenmühlen« von Theodor Martens sehr angesprochen. Über ihn muss ich mal bei Gelegenheit etwas mehr recherchieren.
»Antilope« von Jean-Baptiste Oudry
Natürlich haben wir auch den »Jean-Baptiste Oudry-Saal« des Museums besucht. Das Museum verfügt über die größte deutsche, wenn nicht weltweit größte Sammlung seiner Bilder. Im Saal sind vor allem seine kolossalen Tiergemälde zu sehen. Es ist schon sehr beeindruckend, die Tiere in tatsächlicher Lebensgröße und bis ins kleinste Detail realistisch gemalt zu sehen. Mein Favorit ist die Antilope, gefolgt natürlich gleich von »Clara«, dem zu seiner Zeit weltberühmten Panzernashorn.
Als letztes haben wir uns dann noch die Bronzeplastiken von Ernst Barlach, die das Museum in seiner Sammlung hat, angeschaut.
»Das Wiedersehen (Christus und Thomas), 1930« Bronzeplastik von Ernst Barlach
Eindeutig mein Favorit unter den ausgestellten Bronzeplastiken.
Sattgesehen und mit müden Füßen verließen wir nach 4 Stunden das Museum. Ein Besuch dort lohnt sich wirklich - wie sowieso die Stadt Schwerin allemal einen Besuch wert ist. Dem Museum bleibt allerdings zu wünschen, dass die Frage, wie es zukünftig weitergehen wird, in nicht allzu ferner Ferne konkret und vor allem umfassend, nicht nur als Stückwerk, angegangen wird und es die Chance bekommt, mit seinen Schätzen wirklich zu glänzen. Was nutzt die schönste Sammlung, wenn sie in Depots bleibt?!