Mecklenburg - Land und Leute
Zu meinen Bemühungen, hier in Mecklenburg-Vorpommern wirklich heimisch zu werden, gehört auch, dass ich möglichst viel über Land und Leute lernen möchte. Diese Woche beispielsweise wurde ich auf die Malerin Elisabeth Charlotte Helene Emilie Büchsel aufmerksam. Am Mittwoch wäre nämlich ihr 147. Geburtstag gewesen.
Geboren wurde sie 1867 als zweites von sechs Kindern des Altermannes der Stralsunder Gewandschneider Ernst Gotthilf Felix Büchsel und seiner Ehefrau Marie Anna Wilhelmine Musculus. Ihre Eltern untersagten ihr nach Beendigung der Schulzeit das Studium der Malerei, »weil Mädchen aus wohlhabenden Kreisen keinen Beruf zu ergreifen hatten«. Zudem war Frauen der Zutritt zu Kunstakademien verwehrt. Mit ihrer Volljährigkeit fand sie durch Studienreisen und längeren Aufenthalten in Malklassen fortschrittlicher Kunsthochschulen doch noch einen Weg, ihrer Malleidenschaft nachzukommen. Durch Stundengeben und Portraitaufträge verdiente sie das notwendige Geld, um nach Berlin, durch ganz Deutschland, Italien und Paris reisen zu können. In Paris, der damaligen Welthauptstadt der Kunst, fand die junge, moderne Frau ihren Stil.
1900 ist ist sie zum ersten Mal in Paris, wo sich gerade auch Paula Becker, aus der Künstlerkolonie Worpswede aufhält. Im Jahre 1903, dem zweiten und entscheidenden Aufenthalt in Paris lernt Elisabeth die Malerei von Künstlern wie Vincent van Gogh, Claude Monet und Pierre-Auguste Renoir kennen. Unter diesem impressionistischen Einfluss verfeinert Elisabeth Büchsel ihren persönlichen Stil.
Neben Elisabeth Büchsel (Künstlerkolonie Hiddensee) studierten zu dieser Zeit auch andere namhafte Künstlerinnen wie Paula Modersohn-Becker, Ottilie Reylaender, Clara Rilke-Westhoff (alle Künstlerkolonie Worpswede) oder auch Hedwig Woermann (Künstlerkolonie Ahrenshoop) sowie Käthe Kollwitz (Berlin) an der Académie Colarossi im Quartier Latin in Paris.
Mit 37 Jahren wählte Elisabeth schließlich die Insel Hiddensee als einen Lebensort. Ab 1904 lebte und arbeitete sie jeweils von Frühjahr bis Herbst auf der Insel. Elisabeth Büchsel wurde dann auch Mitglied im »Hiddenseer Künstlerinnenbund«, der 1922 durch Henni Lehmann in der Blauen Scheune in Vitte auf Hiddensee gegründet wurde. Zehn Jahre gehörte die Büchsel dem »Hiddenseer Künstlerinnenbund« an, von seiner Gründung 1922 bis zur Auflösung durch die Nationalsozialisten 1933. Die systematische Demontage des Bundes und das tragische Schicksal ihrer Gründerinnen Henni Lehmann (nahm sich 1937 das Leben) und Clara Arnheim (wurde 1942 im Konzentrationslager ermordet) blieben ein Trauma für sie. Zeit Ihres Lebens unterhielt sie engen Kontakt zur Ahrenshooper Künstlerkolonie sowie rege Verbindungen zu weiteren Künstlerkolonien wie Worpswede und Dachau.
Elisabeth Büchsel muss ein sehr eigenständiger ausgeprägter Charakter gewesen sein. Sie lebte sehr bescheiden mit den Fischern auf Hiddensee, war niemals auf finanzielle Hilfe von anderen angewiesen und verschwand, wenn sie als Gast geladen war, wann es ihr paßte. Sie war aber auch sehr dem Leben zugewandt und liebte Gesellschaft und hatte oft viele Besucher bei sich in Vitte. Den Einmarsch der Sowjetarmee erlebte die Malerin ungerührt auf der Insel. Sie ließ sich schlicht nicht stören beim Portraitieren eines Hiddenseer Kindes.
Sie malte überwiegend Porträts und Landschaftsbilder von Rügen und Stralsund sowie der Stralsunder Umgebung. Ein Teil ihres Werkes wird im Stralsunder Kulturhistorischen Museum ausgestellt, der größere Teil befindet sich bei privaten Sammlern. Am 3. Juli 1957 starb Elisabeth Büchsel 90jährig in Stralsund und wurde auf dem dortigen St.-Jürgen-Friedhof beigesetzt.