Privates ·Tagesnotizen 2015

Tagesnotizen

Ein herrlicher Tag heute hier in Mecklenburg.

Das Wetter wechselte zwischen Sonne und ab und an kurzen Landregenschauern. Es ging ein böiger Nord-West-Wind, der in die vollbelaubten Bäume fuhr und sie kräftig durchschüttelte. Radfahrer mochte man vielleicht nicht sein, jedenfalls nicht, wenn man gegen den Wind fahren mußte. In der richtigen Richtung unterwegs, flog man wohl heute mit dem Rad seinem Tagesziel entgegen.

Der Himmel hoch und weit und blau mit mächtigen weißen Wolkenschiffen, die majestätisch ihren Weg nahmen. Die Vögel taumelten unter dem blau und weiß umher und zwitscherten und riefen in einem fort. Ich stellte mir vor, wie sie sich gegenseitig über das Tosen des Windes hinweg zuriefen, wie viel Spaß es heute macht am Himmel entlang zu jagen, aufzusteigen und sich dann wieder fallen zu lassen, Kapriolen zu vollführen, um dann irgendwann durchgepustet und erschöpft auf einem Ast zu landen.

In den Gärten viele viele Stare, mit leuchtend kirschroten Schnäbeln, die ihr kleines Sommerparadies genossen, und die Kirschbäume um ihre Früchte erleichterten.

Ich saß und arbeitete vor mich hin und lauschte mit einem Ohr immer nach draußen auf das gewaltige Rauschen der Blätter im Wind. Immer wieder unterbrach ich meine Arbeit, trat hinaus und genoß den Blick auf die Natur, ließ den Wind etwas an mir zerren und schieben und freute mich meines Lebens, dass ich hier leben darf, auf diesem wunderschönen Fleckchen Erde.

Ja, heute war ich ein bißchen trunken vor Glück. Es gibt nicht viele Tage im Leben, an denen man trunken ist vor Glück, vor unverdientem Glück. Trunken vor Glück, daß kann man sich nicht kaufen. Man kann es sich auch nicht erarbeiten. Ich weiß nicht, warum heute ein »trunken-vor-Glück«-Tag war. Es ist nichts Außergewöhnliches geschehen. Ich habe schon andere ähnliche Tage hier erlebt und war nicht trunken vor Glück. Das waren schöne Tage, aber keine »trunken-vor-Glück«-Tage.

Trunken vor Glück sein, ist immer ein Geschenk. Es passiert einem, unverhofft, so wie einen der Blitz trifft. Es ist mehr als reine Freude oder normales Glück. Es macht einen ein bisschen schwindelig, entrückt einen für ein paar Momente, eine kurze Zeit, der Welt mit all ihren Problemen und Nöten und auch den eigenen Problemen. Dann fühlt sich das Herz an, als ob es zerbirst und wird zugleich ganz still und ruhig. Dann ist man einfach nur ein bißchen selig, trunken vor Glück.

Am Ende des Tages werde ich diesen »trunken-vor-Glück«-Tag in meine ganz spezielle Erinnerungskiste zu den anderen »trunken-vor-Glück«-Tagen und zu den »ertrunken-in-Tränen«-Tagen legen. Es gibt nicht viele Tage im Leben, an denen man in seinen Tränen ertrinkt. Deshalb sind auch diese Tage kostbar auf ihre Art. Aber heute war kein »ertrunken-in-Tränen«-Tag. Heute war ein »trunken-vor-Glück«-Tag, und ich bin dankbar dafür.

Ich sammle sie, die »trunken-vor-Glück-« und die »ertrunken-in-Tränen«-Tage, wie seltene, kostbare Perlen in meine Erinnerungskiste. Und dann als allerletztes, bevor ich meinen Augen schließe um zu schlafen, werde ich meine Erinnerungskiste wieder an einem geheimen Ort, tief in meinem Herzen, verstecken. Und vielleicht, vielleicht werde ich noch einmal kurz lächeln, bevor ich dem neuen Tag entgegen schlafe.

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